Bergwandern mit Hund

Bericht Fabian Schwander/24.08.2022:

Da sich Bergwanderungen kontinuierlich grösserer Beliebtheit erfreuen, was leider auch immer häufiger in tragischen Unfällen endet, hat Livia von H-UND mich gefragt, ob ich nicht etwas dazu schreiben möchte. Ich bin regelmässig mit meiner Bardino-Dame auf Berg- oder alpinen Wanderwegen unterwegs, was mich jetzt definitiv nicht zu einem Experten macht, trotzdem kann ich hoffentlich doch dem einen oder anderen Hundebesitzer ein paar Tipps mitgeben.

Unfälle passieren immer wieder, sei es durch falsche oder ungeeignete Ausrüstung, schlechte Planung, Selbstüberschätzung, oder schlicht und einfach, weil etwas schiefläuft. Selbst erfahrenste Alpinisten mit bester Ausrüstung können abstürzen. Wir können in den Bergen wie auch in vielen anderen Bereichen die Unfallgefahr niemals ganz umgehen, doch wir können sie auf ein Minimum reduzieren, zum Teil schon rein dadurch, sich dieser bewusst zu sein.
Grundsätzlich sind für eine erfolgreiche Bergwanderung zwei Themen gleichermassen relevant, nämlich die Planung und die Ausrüstung. Auf diese beiden Themen möchte ich genauer eingehen. Womit ich beginne ist eigentlich egal, da das eine zwingend vom andern abhängig ist. Also gehe ich chronologisch vor und beginne mit der – oft sehr zeitaufwändigen und unterschätzten.

PLANUNG.

Als erstes überlege ich mir, was ich machen möchte. Ich persönlich habe auf meiner Wanderapp aktuell um die 140 Wanderungen jeglicher Längen und Höhenunterschiede geplant. Da ich routiniert bin, weiss ich genau, was für mich und Alma machbar ist, wie viele Kilometer und Höhenmeter wir bedenkenlos angehen können und wie lange wir dafür etwa unterwegs sind. Sind andere Wanderfreunde dabei, muss man sich zusammen absprechen. Die Faustregel sagt 15 Minuten pro 100 hm bergauf (bergab 200 hm) plus 15 Minuten pro Kilometer Distanz. Das finde ich für Anfänger eine gute Formel, routinierte Wanderer haben natürlich eigene, ganz individuelle Berechnungen. Sich selber einzuschätzen muss beim Wandern erst gelernt werden, daher unbedingt mit kleineren Touren beginnen und sich dann steigern. Welche Route genau ich machen will, entscheide ich i.d.R. ein bis zwei Tage vorher, wenn ich das Wetter und meine aktuelle Tagesform abschätzen kann. Habe ich die letzten 3 Nächte schlecht geschlafen, plane ich keine 2000 Höhenmeter mit alpinem Wanderweg, da die Ausdauer und Trittsicherheit direkt vom eigenen Wohlbefinden abhängen. Müde Beine machen bekanntlich nicht immer genau das, was sie sollten, was je nach Abschnitt fatal enden kann. Auch der Kopf muss voll und ganz bei der Sache sein, unkonzentriert schwierige Passagen queren ist keine gute Idee. Zudem soll das Wandern ja auch Spass machen, dieser ist bei einer Fehlplanung schnell mal hinüber und es wird nur noch völlig genervt und kraftlos versucht, endlich diesen doofen Gipfel zu erreichen. Damit ist weder Mensch noch Hund geholfen. Ich schaue mir auch die Richtung der Wanderung an und plane bei einer Rundwanderung die steilere Strecke i.d.R. für den Aufstieg. Bei Touren, bei denen ich mir unsicher bin, ob ich die Distanz oder Höhe schaffe, schaue ich ob der Weg spontan geändert werden kann. Bei den meisten Wanderungen ist das gut möglich, bei anderen hat es ggf. sogar eine Gondel, welche eingesetzt werden kann, falls ich doch mal nicht so fit sein sollte wie angenommen.

EINSCHÄTZUNG.

Ausser mich selber und Alma muss ich auch die Strecke einschätzen können. Welche Schwierigkeit (nach SAC-Skala) erwartet mich? Gibt es eine Leiter unterwegs? Muss ich klettern? Was sind die gefährlichen Schlüsselstellen? Ganz sicher gehen kann man gerade auf alpinen, unbekannten Strecken selten. Doch im 21. Jahrhundert gibt es zum Glück eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich bestmöglich zu informieren, am einfachsten über Wanderseiten und Foren, Google oder YouTube. Da muss jede/r ehrlich zu sich selber sein, ob das für Hund und Mensch machbar ist. Ich persönlich schaue mir kritische Stellen gerne auch mal vor Ort an und entscheide spontan, ob wir diese schaffen. Wenn ich mir unsicher bin, ein mieses Bauchgefühl habe oder merke, dass Alma überfordert ist, drehen wir um. Das kalkuliere ich aber bereits in der Planung mit ein und habe oft auch hier einen Plan B bereit, damit wir nicht völlig umsonst eine weite Strecke fahren mussten. Eine Wanderung abzubrechen ist meines Erachtens niemals eine Frage von Stärke oder Schwäche, sondern von Vernunft. Allerhöchste Priorität muss IMMER haben, dass Mensch und Hund abends wieder zuhause ankommen! Da wir gerade bei diesem Punkt sind, ist es sehr wichtig, irgendwem zu sagen, wohin und wie lange die Tour ungefähr geht, wenn diese alleine durchgeführt wird.

Ansonsten sind bei der Planung natürlich die bekannten Faktoren zu berücksichtigen wie Wetter und Temperatur, mit Hund schaue ich noch auf der Karte wie viel Schatten die Tour bietet und nach Trinkmöglichkeiten für Alma, danach richtet sich auch der Wasservorrat, den ich mittragen muss.

AUSRÜSTUNG.

So wichtig wie beim Auto gute Reifen sind in den Bergen gute Schuhe. Ich fahre im Winter aus nachvollziehbaren Gründen nicht mit Sommerreifen rum, genauso wenig gehe ich mit Flipflops auf den Berg. Bei Schuhen haben fast alle ihre eigenen Ansichten. Doch stabiler Halt und ein gutes Profil sind unverzichtbar für die Sicherheit. Welche Schuhe die richtige Wahl sind, kommt auf den Weg und die Verhältnisse an, zudem müssen sie gut sitzen und bequem sein. Ich persönlich bin in diesem Punkt oft overdressed, da ich meistens dieselben Schuhe trage, heisst bei einem einfachen Bergwanderweg dieselben Schuhe wie bei einer Gletscherquerung oder auf einem Klettersteig. Ich empfehle in den Bergen hohe Schuhe, welche die Knöchel schützen und im Falle eines Wegknicken des Fusses etwas Schutz geben. Meines Erachtens macht es sehr viel Sinn, dass ein Bergschuh eine Feststellöse hat, wodurch der Schuh oben und unten (Spann und Schaft) genauer geschnürt werden kann. Inzwischen gibt es so leichte Bergstiefel, dass der Unterschied beim Gewicht zu normalen mittel- oder hohen Wanderschuhen kaum noch erwähnenswert ist. Preislich sieht es natürlich anders aus, doch qualitativ gute Wanderschuhe fangen meiner Erfahrung nach so bei 80.- an. Ich sehe Wanderschuhe (wie Autoreifen) als eine Investition, welche sich lohnt. Von den Füssen an aufwärts sollte es dem Wetter angepasst sein.

Da dieses gerade in den Bergen sehr schnell ändern kann, gehört in jeden Rucksack mindestens ein Fliespulli, besser eine richtige Wind- oder Regenjacke. Bei mir sind grundsätzlich noch eine dünne Mütze und leichte Handschuhe fix mit dabei, um die ich selbst im Hochsommer schon froh war. Stöcke und ein guter Rucksack sind auch empfehlenswert.

Neben der Kleidung gehören bei jeder Bergwanderung ein 1. Hilfe Set, Rettungsdecke, genügend Wasser, Napf und Proviant zur Grundausstattung. Futter für den Hund nicht vergessen, da dieser bei einer Bergwanderung deutlich mehr Kalorien verbrennt als im Alltag. Alma bekommt pro Wanderung zusätzlich zum normalen Futter um die 200-250g sehr fetthaltiges Futter (selbst gekocht von meiner besseren Hälfte). Für Alma habe ich natürlich auch alles Mögliche im 1. Hilfe Set, am Wichtigsten sind Booties für die Pfoten. Da gibt es viele verschiedene, wir haben welche für zu spitzigen Untergrund oder Verletzungen, welche für lange Touren im Schnee und atmungsaktive für heissen Asphalt. Auch gegen allergische Reaktionen (z.B. durch Insektenstiche) oder eine Vergiftung sollte man auf mehrstündigen Touren gerüstet sein.

Da unsere kleine Bergziege beim Wandern kaum zu bremsen ist, sind wir immer mit Bauchgurt, Bungeeleine und einem Zug- oder Trekkinggeschirr unterwegs. Auch ein Sicherheitsgeschirr kam schon zum Einsatz, das ist aber bei einem Hund, der zieht wie Alma, nicht optimal. Abraten würde ich ganz klar von Halsbändern oder Norwegergeschirren, da beide beim Ziehen schädlich für den Hund sind. Optional kann ich noch zu einem GPS-Tracker raten, dieser ist bei Alma in den Bergen immer dran, auch wenn zum Glück noch nie gebraucht.

Die Ausrüstung wird natürlich bei vielen Berg-Hündelern variieren. Ein heller Hund braucht ggf. noch Sonnenschutz, ein kleiner Hund ein Geschirr mit Tragegriff, um ihm bei Bedarf auch mal hoch- oder runter helfen zu können. Wer mit Hund über Klettersteige geht, sollte diesen sicher auf dem Rücken tragen können, etc. etc. Bei Anfängern wird sich auch erst nach und nach rausstellen was Sinn macht und was nicht, doch die Grundausstattung dürfte meines Erachtens überall ähnlich aussehen.

Ich hoffe, dass ich vielleicht mit ein paar Tipps helfen oder die nächste Bergtour sogar etwas erleichtern konnte.

Fäbu & Alma (Abenteuer von uns findet ihr auch auf FACEBOOK oder INSTAGRAM)

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